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“NOT ready to die in your war”: Israelis und Iraner gegen Krieg

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Seit dem letzten Besuch des republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney in Israel, rückt ein Angriff auf den Iran immer näher. Romney signalisierte dem israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu, dass er einen Erstschlag Israels auf die iranischen Atomanlagen dulden, wenn nicht sogar begrüßen würde.  Viele Israelis und Iraner wollen dies nicht länger hinnehmen und mobilisieren nun gegen einen neuen Krieg – gemeinsam.

Nachdem im März dieses Jahres der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak nach Deutschland reiste, gründeten iranische und israelische Studenten in Berlin den Iranian-Israeli-Circle, um Israelis und Iraner einander näher zu bringen. Ginge es nach dem von den Medien erzeugten Bild, dürften diese gar nicht mit einander reden und müssten in erbitterter Feindschaft einander gegenüberstehen. Genau das ist es, was die rechte Regierung unter Netanyahu, aber auch das iranische Regime mit Präsident Mahmud Ahmadinejad haben wollen: Hass.

Doch beim Iranian-Israeli-Circle setzen die Aktivisten auf Dialog und entdecken Gemeinsamkeiten, von denen sie zuvor noch nicht gewusst haben. Qantara.de zitiert eine iranische Aktivistin: “Als wir uns in Berlin mit Israelis trafen, war es offensichtlich, dass wir alle in Opposition zu unseren Regierungen stehen (…)Wir machten Witze darüber, dass wir doch eigentlich Feinde sein und uns hassen müssten.” Auf gemeinsamen Demonstrationen sieht man nun Plakate mit hebräischen, persischen und deutschen Parolen, die sich gegen jegliche militärische Aggression und Unterdrückung richten.

Auch die Initiative Israel-loves-Iran macht nun auch verstärkt mobil, nachdem ein Angriff auf Wunsch Netanyahus noch im Oktober oder November erfolgen soll. Genau wie der Iranian-Israeli-Circel wurde sie im März 2012 gegründet, um der israelischen Opposition, die keinen Krieg mit dem Iran wollte, eine Stimme zu geben. Bis heute konnte die Facebookseite über 70.000 Likes erzielen.

Auch iranische Aktivisten setzen auf Verständigung mit den Bürgern Israels

Mit dem iranischen Pendant Iran-loves-Israel startete Israel-loves-Iran eine Plakatkampagne mit dem Titel “NOT ready to die in your war”. Israelis und Iraner schicken Fotos von sich oder ihren Familien an die Initiative, diese fertigen dann ein Plakat an, wo die jeweilige Person mit der Botschaft, nicht bereit zu sein, für den Krieg der Machthaber sterben zu wollen, zu sehen ist. Vor allem Studenten aus dem Iran und Israel zeigen hier ihr Gesicht. Shahrazad, eine junge Iranerin, meint hierzu auf Facebook: ” Those last few days the sound of war is becoming louder. So once again, loud and clear, we are saying NO to this war. We are saying to the people of Israel: We Love You.”

Und in der Tat hätte ein Angriff auf den Iran weit reichende Konsequenzen für die gesamte Region. Zwar gehen Analysten von einem Krieg aus, der “nur” dreißig Tage dauern würde. Bereitwillig nimmt die israelische Regierung auch den Tod von “bis zu 500 ihrer Landsleute” in Kauf. Die Folgen eines solchen Militärschlages werden aber weit unterschätzt.

Das iranische Militär und auch die Revolutionsgarden werden seit Jahren durch russische und chinesische Hilfe hochgerüstet. So ist die Stärke der Marine, der Luftabwehr und auch verschiedener Eliteeinheiten, wie zum Beispiel der Quds-Einheit, nicht zu unterschätzen. Der Iran verfügt zudem über Langstreckenraketen, die Israel ohne weiteres erreichen und große Teile des Landes in Schutt und Asche legen könnten. Darüber hinaus verfügt die Hisbollah-Miliz im Iran über ein Arsenal von ungefähr 50.000 Raketen. Nach eigenen Angaben könnte sogar der einzige große Flughafen Israels, der Ben-Gurion-Airport, von der Organisation ins Visier genommen werden. Die Hisbollah ist offiziell mit dem Iran verbündet und würde im Fall einer Bündnispflicht, das heißt eines Angriffs Israels auf den Iran, den Staat Israel angreifen. Schon 2006 konnte das israelische Militär in einem Feldzug gegen die Hisbollah keinen nennenswerten Erfolg erzielen.

Zudem würde ein Angriff Israels dem derzeit wankenden syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu neuer Stärke verhelfen, da auch dieser ein Bündnis mit dem Iran geschlossen hat. Die zunehmend außer Kontrolle geratene Lage in Syrien lässt die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs der syrischen Armee auf Israel steigen. Für Baschar al-Assad wäre dies ein willkommener Anlass von seiner äußerst angeschlagenen Position abzulenken.

Bei all dem ist ein sicherer Solidarisierungseffekt in der islamischen Welt mit dem Iran noch gar nicht einberechnet. Zwar ist die Ablehnung des Iran in den sunnitischen Staaten, seit Beginn des arabischen Frühlings, gestiegen. Aber selbst radikal-sunnitische Gruppen werden im Zuge dessen gezwungen zu sein sich irgendwie zu positionieren und sich kaum auf die Seite Israels stellen. Auch die Weltöffentlichkeit steht der israelischen Politik seit dem Gaza-Krieg 2009 ablehnender gegenüber als zuvor

Zwar ist auch der Gründer von Israel-loves-Iran, Ronny Edry, äußerst skeptisch, dass seine Gruppe etwas in der internationalen Politik ausrichten könnte. Vielmehr ist es aber eine wichtige Botschaft “by the people, to the people”. Die Öffentlichkeit hat nun die Möglichkeit ein “anderes Israel” und einen “anderen Iran” kennen zu lernen. Dissidenten beider Staaten bekommen eine Plattform für ihre Kritik. Beide Völker können nun erkennen, dass sie vielleicht mehr mit einander gemeinsam haben, als sie trennt und dass sie keinen Grund haben, den jeweils anderen zu hassen.

Einen Krieg zu stoppen vermag das nicht. Die Möglichkeit Worte statt Raketen zu nutzen, liegt nach wie vor bei den Machthabern. Sollten diese nicht einlenken, dann werden Tausende unschuldiger Menschen ihr Leben verlieren.

© Fabian Schmidmeier/DerOrient



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